Köln, 21. Juni 2020. Einmal jährlich legt der Nahverkehr Rheinland (NVR) einen SPNV-Qualitätsbericht vor. Dieser hilft dabei, die Entwicklungen im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) nachzuvollziehen, Hintergründe zu erkennen und Handlungsansätze für die Zukunft zu skizzieren. In 2019 hat es bei den zentralen Kriterien der Angebotsqualität wie Pünktlichkeit, Zugausfällen und Kapazität moderate Verbesserungen gegeben. Im Vorjahr (2018) wurden dort noch Verschlechterungen verzeichnet. Für das laufende Jahr 2020 ist bereits klar, dass der zuletzt positive Trend abgebremst wurde: Aufgrund der Corona-Pandemie sind viele Fahrten ausgefallen und die Fahrgastzahlen zurückgegangen.
Die leicht verbesserten Werte in 2019 führt NVR-Geschäftsführer Heiko Sedlaczek auf Verbesserungen im Gesamtnetz zurück: "Mittlerweile tragen die Investitionen in den Ausbau der Schieneninfrastruktur und das Fahrzeugmaterial die ersten Früchte. Der Fuhrpark konnte vergrößert werden, so dass sich der Betrieb stabilisiert hat. Zudem greifen verbesserte Konzepte bei Baustellen und Wetterereignissen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch ein weiter Weg vor uns liegt: Nur der dringend notwendige weitere Ausbau der Infrastruktur kann zu langfristigen Verbesserungen führen."
Leichte Entspannung der Verspätungssituation
Der zuletzt negative Trend bei der Pünktlichkeit im SPNV konnte im Jahr 2019 zumindest teilweise gestoppt werden. Die Werte haben sich im vergangenen Jahr beim Blick auf alle Produktgruppen zusammen verbessert. Im Durchschnitt aller Fahrten kam eine Verspätung von 2 Minuten und 1 Sekunde zustande. Dies entspricht einer Verbesserung von 10,6 Prozent im Vergleich zu 2018 (2 Minuten und 16 Sekunden). Im Jahr davor (2017) hatte die durchschnittliche Verspätung 2 Minuten und 6 Sekunden betragen.
Allerdings ist eine unterschiedliche Entwicklung in den einzelnen Produktgruppen zu verzeichnen: Während sich die Verspätungen bei den Regionalexpress(RE)- und Regionalbahn(RB)-Linien verbessert haben, fuhren die S-Bahnen 2019 unpünktlicher als zuvor. Trotzdem bleiben die S-Bahnen die pünktlichste Produktgruppe. Bei den RE-Linien ist die Verspätung insgesamt von 3:20 Minuten auf 2:44 Minuten zurückgegangen, bei den RB-Linien von 2:07 Minuten auf 1:55. Zu verzeichnen waren unter anderem weniger außerplanmäßige Überholungen durch den stabileren Fernverkehr. Zudem gab es robustere Konzepte und bessere Abstimmungen im Vorfeld von Baumaßnahmen. Die S-Bahnen haben sich von 1:25 Minuten auf 1:28 Minuten um 4,1 Prozent verschlechtert. Dies liegt auch daran, dass das Leistungsangebot in den vergangenen Jahren weiter ausgebaut wurde, der Fuhrpark der S-Bahnen jedoch gleichgeblieben ist.
Zahl der Zugausfälle insgesamt gesunken
Die durchschnittlichen Zugausfälle sind von 6,87 Prozent in 2018 auf 4,35 Prozent in 2019 zurückgegangen. Dies ist eine Verbesserung zum Vorjahr um 36,7 Prozent. Aufgrund der vielen Baustellen liegen die Zugausfälle auf einem eher hohen Niveau. Für fast die Hälfte der Zugausfälle konnten Ersatzverkehre angeboten werden.
Kapazitätsausfälle verringern sich
Im Vergleich zu den Zugausfällen liegt das Niveau der Kapazitätsausfälle deutlich geringer. Über alle Produktgruppen hinweg verbesserte sich der Wert in 2019 auf 2,07 Prozent (2018: 2,43 Prozent). Innerhalb der Produktgruppen gibt es unterschiedliche Entwicklungen: Während sich die RE-Linien (von 2,72 Prozent auf 1,88 Prozent) und die S-Bahnen (von 2,26 Prozent auf 1,74 Prozent) verbesserten, ist bei den RB-Linien eine anhaltend negative Tendenz feststellbar. Hier kam es zu einem erneuten Anstieg, diesmal von 2,4 Prozent in 2018 auf 2,52 Prozent in 2019.
Weiter steigende Fahrgastzahlen
Der Trend von steigenden Fahrgastzahlen hat sich auch 2019 fortgesetzt. Insgesamt stieg die Zahl der Fahrgäste um 1,4 Prozent. Auf das Jahr gerechnet wurden rund 163 Millionen Personen im SPNV auf dem Gebiet des NVR befördert. Die Zahl der täglichen Einsteiger an Wochentagen ist von rund 436.000 auf 442.000 angestiegen. Abermals verzeichneten die S-Bahnen mit einem Plus von 1,8 Prozent den größten Zuwachs, gefolgt von den RB-Linien mit 1,29 Prozent. Bei den RE-Linien kam es hingegen zu einem Rückgang um minus 1,64 Prozent.
Störungen an den Außentüren sind die größten Probleme beim Fahrzeugzustand
Das konsequente Qualitätscontrolling des NVR beim Fahrzeugzustand hat zur Folge, dass sich die Mängel in fast allen Kategorien auf einem guten (niedrigen) Niveau befinden. Dies gilt sowohl bei Störungen der Klimatisierung als auch bei Störungen der Fahrgastinformationssysteme und den Vandalismusschäden. Fast alle gemessenen Linien befinden sich auch bei den Störungen der Toiletten in einem niedrigen Bereich. Einziger Ausreißer ist hier der RE 9, bei dem der Wert von 2,9 Prozent auf 5,0 Prozent angestiegen ist. Allerdings gibt es beim RE 9 durch die zunehmend eingesetzten Doppelstockzüge eine überdurchschnittliche Anzahl von Toiletten. Auch bei der insgesamt häufigsten Funktionseinschränkung, den Störungen der Außentür, belegt der RE 9 mit 10,2 Prozent den schlechtesten Platz. Die Türen der Doppelstockzüge zeigen sich vergleichsweise anfällig.
Personalbesetzung wichtig fürs Sicherheitsempfinden
Das Zugpersonal hat hohen Einfluss auf das subjektive Sicherheitsempfinden der Fahrgäste. Abends und nachts ist für alle Linien Besetzung mit Personal vorgesehen. In kritischen Lagen oder an Wochenenden sind oft zwei Zugbegleiter oder Sicherheitspersonale im Einsatz. Werden die vertraglichen Vorgaben nicht erfüllt, verhängt der NVR wie auch bei anderen Vertragsverstößen finanzielle Sanktionen. Die inzwischen weitverbreiteten Videoanlagen in den SPNV-Fahrzeugen ermöglichen die Strafverfolgung von bereits erfolgten Taten und dienen der Abschreckung. Anhand des momentan laufenden Pilotprojekts zum Einsatz von Bodycams (Körperkameras) bei den Sicherheitskräften und dem Zugbegleitpersonal werden deren grundsätzliche Wirksamkeit und ihre Einsatzmöglichkeiten getestet. Ein weiterer wichtiger Baustein im Sicherheitskonzept ist die "Sicherheitsdatenbank NRW", die Anfang 2020 eingeführt wurde. In dieser werden alle Straftaten und Ordnungswidrigkeiten, die vom Zugpersonal in allen Linien in NRW festgestellt werden, aufgenommen und später ausgewertet.
Kundendialog: Zahl der Fahrgastbeschwerden gefallen
Mit dem NVR-Kundendialog gibt es ein wichtiges Instrument, um den Fahrgästen die Möglichkeit zu geben, auf Mängel und Probleme im Schienenpersonennahverkehr hinzuweisen. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Beschwerden auf 2.393 zurückgegangen (2018: 2.504, minus 4,43 Prozent). Der Großteil der Eingaben erfolgte durch die Fahrgäste über die Apps von VRS und Aachener Verkehrsverbund (Feedback-Formular). Hier wurden 1.526 Kundeneingaben gezählt (63,77 Prozent). Auch wenn sich die Pünktlichkeitswerte in 2019 leicht verbessert haben, lag dort auch diesmal der Beschwerdefokus. 27,75 Prozent der Eingaben (664) entfielen auf die Pünktlichkeit. Zudem beschwerten sich die Fahrgäste vor allem über überfüllte Züge (14,50 Prozent, 347) und ausgefallene Fahrten (14,25 Prozent, 341).
Den diesjährigen Qualitätsbericht finden Sie im Internet unter:
https://www.nvr.de/streckennetz-und-angebot/verkehrsqualitaet