Neue Studie zum Schienenverkehr im Rheinland

Bund darf Wirtschaftsstandort nicht systematisch benachteiligen

Düsseldorf. Die IHK Initiative Rheinland* hat heute in einer Landespressekonferenz eine aktuelle Studie zur Güterverkehrsprognose des Bundes (Bundesverkehrswegeplan 2040) vorgestellt. Die gemeinsam mit go.Rheinland, dem Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr in der Region Köln – Bonn – Aachen, finanzierte Studie legt nahe, dass der Bund den Wirtschaftsstandort Rheinland – einen der größten europäischen Wirtschaftsräume – in der Verkehrsplanung systematisch benachteiligt. Der Bundesverkehrswegeplan 2040 ist die Basis für den Ausbau der Infrastruktur und hat maßgeblichen Einfluss auf die geplanten Investitionsmaßnahmen in die Schieneninfrastruktur des Rheinlands. Diese reichen nicht aus, um das künftige Wachstum beim Schienengüterverkehr zu bewältigen. Aus der Studie geht hervor, dass die Prognosen des Bundes die Verkehrsströme aus den sogenannten ZARA-Häfen (Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam) unterschätzen, was gravierende Folgen für die Schieneninfrastruktur und die wirtschaftliche Entwicklung der Region hat. Die Industrie- und Handelskammern (IHKs) im Rheinland fordern daher eine realitätsnahe Anpassung der Bundesverkehrswegeplanung, um negative Auswirkungen für die Infrastruktur der Region auszuschließen. Denn im schlimmsten Fall droht dem Wirtschaftsstandort Rheinland ein Wettbewerbsnachteil. 

Verkehrsprognose des Bundes verkennt tatsächliches Güteraufkommen
„Die von uns beauftragte Studie zeigt, dass das Schienengüterverkehrsaufkommen aus den ZARA-Häfen deutlich höher ausfallen wird als in der Verkehrsprognose 2040 des Bundes angenommen“, sagt Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf und Vertreter der geschäftsführenden IHK der Industrie- und Handelskammern im Rheinland. „Es braucht daher zwingend eine an den tatsächlichen Entwicklungen orientierte Prognose und darauf aufbauend ein Gesamtkonzept für den Ausbau der Schieneninfrastruktur auf diesen Korridoren“, so Berghausen weiter. Während die Bundesregierung nur ein moderates Wachstum der Seeverkehre erwartet, prognostizieren Experten für Antwerpen und Rotterdam allein bis zu zwei Drittel mehr Güteraufkommen nach, von und durch Deutschland, als in der Bundesprognose für alle ausländischen Seehäfen insgesamt angenommen wird. Ein vergleichbares Verhalten des Bundes hatten die Rheinland-IHKs und go.Rheinland bereits 2016 für den aktuell gültigen Bundesverkehrswegeplan festgestellt. In der Realität wurden die vom Bund für 2030 prognostizierten Mengen bereits 2019 erreicht. Diese Fehleinschätzung führt dazu, dass dringend benötigte Infrastrukturmaßnahmen nicht priorisiert werden. 

Engpässe gefährden Wettbewerbsfähigkeit des Rheinlands
„Die unzureichende Berücksichtigung des steigenden Güterverkehrs aus den ZARA-Häfen verschärft bestehende Kapazitätsengpässe. Bereits heute ist die Schieneninfrastruktur in der Region an vielen Stellen überlastet, was sowohl den Güter- als auch den Personenverkehr massiv beeinträchtigt“, stellt Dr. Norbert Reinkober, Co-Vorsitzender des Sektorbeirats (sowie Geschäftsführer von go.Rheinland), fest. „Hinzu kommt, dass wir selbst bei Umsetzung aller aktuellen BVWP-Projekte noch Engpässe im Netz hätten. Das zeigt, wie sehr die Bundesverkehrswegeplanung der Realität hinterherläuft. Wir fordern daher nachdrücklich ein, dass der Bund seine Prognosen nachbessert und daraus abgeleitet auch die Maßnahmen anpasst. Sonst bleibt es beim Stau auf der Schiene und es wird für Güter- und Personenverkehr gleichermaßen bitter – mit negativen Auswirkungen auf Deutschland und die europäischen Nachbarn.“

Besonders betroffen seien zentrale Korridore wie:
• Aachen – Mönchengladbach – Neuss – Düsseldorf
• Aachen – Köln – Bonn – Rhein-Sieg-Kreis
• Venlo – Viersen – Krefeld – Duisburg
• Emmerich – Duisburg

„Diese Überlastung gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Region. Eine leistungsfähige Schieneninfrastruktur ist essenziell, um den reibungslosen Waren- und Pendlerverkehr zu gewährleisten“, so Sascha Odermatt, Geschäftsführer der Neuss-Düsseldorfer Häfen, abschließend, „ohne zusätzliche Investitionen drohen weitere Verzögerungen, höhere Transportkosten und eine verstärkte Verlagerung des Güter- und Personenverkehrs auf die ohnehin überlasteten Straßen.“

Forderungen an die Politik
Die IHKs im Rheinland fordern von der Bundesregierung eine Korrektur der Verkehrsprognosen sowie eine Neuausrichtung der Bundesverkehrswegeplanung. Die Kapazitäten auf den betroffenen Schienenkorridoren müssen dringend erweitert werden, um den tatsächlichen Bedarfen für alle Schienensparten gerecht zu werden. Konkret bedeutet das:
• Anpassung der Verkehrsprognose 2040 an die realen Wachstumszahlen der ZARA-Häfen
• Priorisierung des Ausbaus zentraler Schienenkorridore in der Bundesverkehrswegeplanung
• enge Zusammenarbeit mit Belgien und den Niederlanden zur Stärkung grenzüberschreitender Infrastrukturen
• beschleunigte Umsetzung bereits geplanter Projekte, insbesondere im Rahmen des Investitionsgesetzes Kohleregionen

*Der IHK-Initiative Rheinland gehören folgende Industrie- und Handelskammern an: Aachen, Bonn/Rhein-Sieg, Düsseldorf, Mittlerer Niederrhein (seit Herbst 2011), die Bergische IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid (seit Herbst 2011) sowie die Niederrheinische Industrie- und Handelskammer Duisburg-Wesel-Kleve zu Duisburg (seit 2016), die IHK Köln war seit Gründung bis Ende 2023 Mitglied.

Blick von der Burtscheider Brücke auf den Hauptbahnhof Aachen

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