Kundenzufriedenheit im SPNV
Das go.Rheinland-Kundenbarometer
Seit 2002 gibt es im Zwei-Jahres-Rhythmus das „NRW-Kundenbarometer“, eine landesweit repräsentative Erhebung der Kundenzufriedenheit mit dem gesamten ÖPNV in NRW. Die Studie wird im Auftrag des Kompetenzcenters Marketing NRW sowie verschiedener Verkehrsverbünde und Zweckverbände durchgeführt; dabei fördert das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes NRW (MUNV) einen Grundstock von 5.500 Interviews verteilt auf ganz NRW, die sogenannte NRW-Basisstudie. Davon werden 1.500 Interviews im Gebiet von go.Rheinland durchgeführt, worunter sich 2024 knapp 600 Befragte befanden, die vorwiegend den SPNV nutzten.
Für die aktuelle Untersuchung befragte das Marktforschungsinstitut INFO GmbH aus Berlin in der Zeit von September 2024 bis Dezember 2024 rund 18.300 ÖPNV-Kund*innen. Um der Erreichbarkeit aller Kundengruppen Rechnung zu tragen, wurden 50% der Interviews telefonisch und weitere 50% online durchgeführt. Die Befragten wurden um ihre Meinung zu 25 Leistungsmerkmalen aus den fünf Bereichen Angebot, Tarif-Vertrieb-Information, Verkehrsmittel, Haltestellen und Stationen sowie Sicherheit gebeten. Die Beurteilung der Merkmale erfolgte anhand der bewährten, verbalen Skala von vollkommen zufrieden (=1) bis unzufrieden (=5).
Bei der aktuellen Untersuchung wurden – hauptsächlich im Rahmen der etwas ausführlicheren NRW-Basisstichprobe – neben den üblichen Zufriedenheitsabfragen auch aktuelle Einflüsse wie bspw. die derzeitige Baustellensituation erfasst, um die Auswirkungen auf die Nutzung des Nahverkehrs und die Zufriedenheit aufzeigen zu können.
Die go.Rheinland GmbH hat sich erneut am NRW-Kundenbarometer beteiligt, so konnten 2.911 Kund*innen aus dem go.Rheinland-Gebiet befragt werden, die als Hauptverkehrsmittel den SPNV nutzen. Diese Ergebnisse bilden das go.Rheinland-Kundenbarometer 2024.
Großteil der SPNV-Kund*innen von Einschränkungen durch Baustellen betroffen
Acht von zehn Fahrgästen, die den SPNV als Hauptverkehrsmittel nutzen, geben an von Einschränkungen durch Baumaßnehmen auf ihrer üblicherweise genutzten Strecke betroffen zu sein. Dabei erleben 46% zum Befragungszeitpunkt im Herbst 2024 Einschränkungen, weitere 34% hatten zwar im Herbst 2024 keine Einschränkungen, waren aber innerhalb der 12 Monate zuvor davon betroffen.
Bei jedem Fünften dauern bzw. dauerten die Einschränkungen maximal eine Woche, bei mehr als vier von zehn Kunden 1-3 Monate und fast jeder Vierte ist bzw. war mehr als 3 Monate lang betroffen.
Weiterhin gaben insgesamt 79% der von Baustellen Betroffenen an, dass auf ihrer Strecke ein SEV eingerichtet wurde. 45% hatten ihn bereits genutzt. Diese Kund*innen wurden weiter nach ihrer Zufriedenheit mit dem SEV gefragt und bewerteten ihn mit einer eher schlechteren Durchschnittsnote von 3,46 auf der üblichen verbalen Zufriedenheitsskala von vollkommen zufrieden (=1) bis unzufrieden (=5). (Abb. 1)
SPNV-Kund*innen 2024 im Allgemeinen deutlich weniger zufrieden
Abbildung 2 zeigt neben dem Ergebnisvergleich 2024 zu 2022 (lila-/pink-farbene Reihen) die allgemeine Globalzufriedenheit der Häufig- und der Seltennutzer*innen (grüne Reihen). Dabei zählen 35% der Befragten mit Hauptverkehrsmittel SPNV zu den Häufignutzenden, sie sind mehrmals pro Woche oder häufiger mit dem SPNV unterwegs. Die übrigen 65% nutzen den SPNV dagegen mehrmals pro Monat oder seltener und sind als Seltennutzer*innen zusammengefasst.
Die durchschnittliche Globalzufriedenheit ist 2024 signifikant gegenüber 2022 gesunken, wobei sich die Häufignutzenden noch etwas zufriedener äußern als die Seltennutzenden. Kund*innen, die hauptsächlich mit einer S-Bahn unterwegs sind, sind etwas zufriedener als diejenigen, die primär mit der Regionalbahn (RB) oder dem RegionalExpress (RE) fahren.
Auch bei der Betroffenheit durch Baustellen lassen sich Unterschiede erkennen: insgesamt sind diejenigen, die Einschränkungen durch Baustellen haben bzw. hatten, etwas unzufriedener als diejenigen, die nicht betroffen sind.
Der Blick auf die Untergruppen nach SPNV-Nutzungshäufigkeit zeigt jedoch, dass hauptsächlich die Seltennutzenden unzufriedener sind als die Häufignutzenden. Letztere sind viel öfter unterwegs und kennen sich mit dem System ÖPNV daher besser aus, was ihnen sicherlich den Umgang mit Einschränkungen durch Baustellen erleichtert. Bei den Kund*innen, die nicht von Baustellen betroffen sind, bewerten die Seltennutzenden ebenfalls schlechter als der Durchschnitt dieser gesamten Gruppe. Die Zahl der Häufignutzenden, die nicht von Baustellen betroffen sind, ist sehr gering, daher konnte der Zufriedenheitswert dieser Gruppe nicht analysiert werden.
Deutliche Zufriedenheitsunterschiede auch bei Leistungsdetails
Nicht nur die Globalzufriedenheit wurde von den SPNV-Kund*innen erheblich schlechter bewertet, auch die meisten Leistungsdetails. Lediglich bei 3 von 25 Aspekten gibt es signifikante Verbesserungen, dies betrifft das Fahrpersonal (von 2,57 auf 2,52), die Tarifsysteme (von 3,73 auf 3,58) sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis (von 3,70 auf 3,55). Bei den beiden letztgenannten spiegelt sich die Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 wider.
Der 2022 neu abgefragte Zufriedenheitsaspekt „Informationen und Auskünfte an Haltestellen bei aktuellen Störungen und Verspätungen“ hat nach einer vergleichsweise schlechten Eingangsbewertung von 3,52 (2022) nun mit 3,61 eine noch schlechtere Note erhalten. Nur die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit wurde 2024 von allen Leistungsdetails von den go.Rheinland-Kund*innen mit 3,73 noch schlechter bewertet.
Die Zufriedenheit mit der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Häufignutzenden fällt mit 3,82 nochmals schlechter aus als bei Seltennutzenden (3,68). Hierbei spielen sicherlich die Baustellen sowie zudem die nach wie vor angespannte personelle Lage bei den Verkehrsunternehmen eine Rolle, wegen der es auch 2024 immer wieder zu Fahrtausfällen kam.
Bei dem Leistungsmerkmal „Informationen an Haltestellen bei aktuellen Störungen und Verspätungen“ sind die SPNV-Häufignutzenden mit einer Bewertung von 3,69 ebenfalls deutlich unzufriedener als die Seltenkund*innen (3,56).
Ebenfalls deutlich schlechter bewerten die SPNV-Kund*innen 2024 die Sauberkeit und Gepflegtheit der Haltestellen (von 3,35 auf 3,52) sowie die Sicherheit abends an Haltestellen (von 3,39 auf 3,60). Die Häufignutzenden bewerten 2024 die Sauberkeit und Gepflegtheit (mit 3,56) dabei noch etwas schlechter als die Seltennutzenden (3,49). Dieses Verhältnis kehrt sich bei den Noten für die Sicherheit abends an Haltestellen um, hier sind die Häufignutzenden mit 3,48 doch deutlich zufriedener als die Seltennutzenden (3,67). Insgesamt liegen diese Bewertungen allerdings alle eher im schlechteren Bereich.
Erfreulicherweise zählen das Linien- und Streckennetz mit 3,02 sowie die Schnelligkeit der Fahrverbindungen (2,81) weiterhin zu den besser bewerteten Leistungsdetails, auch wenn sie im Vergleich zu 2022 ebenfalls leicht schlechtere Bewertungen erhalten haben. Dies zeigt, dass die Befragten durchaus differenziert die Leistungsdetails betrachten und bewerten.
Top 10 der Veränderungseffekte betreffen zentrale Leistungsdetails
Die TOP 10-Darstellung ist eine Indexauswertung, die beschreibt, wie sich Veränderungen einzelner Merkmale auf die Globalzufriedenheit auswirken. Sie zeigt, in welchen Bereichen Veränderungen die stärksten Effekte auf die Globalzufriedenheit haben. Dazu wurde für jedes Merkmal ein Index berechnet aus Zufriedenheitsbewertung, realer Wichtigkeit sowie dem Anteil an Personen, die das Merkmal bewertet haben. Ein hoher Wert besagt demnach, dass Verbesserungen einen starken positiven Effekt hinterlassen, zeigt aber andererseits auch die Gefahr von Verschlechterungen in diesem Bereich auf.
Die Leistungsmerkmale mit den 10 höchsten Indexwerten sind in Abb. 4 sortiert nach Leistungsmerkmalen und -paketen, denen sie angehören, als „Punktemeer“ dargestellt. Je weiter oben ein Punkt steht, desto größer ist sein Einfluss auf die Globalzufriedenheit. Die ausgefüllten Punkte zeigen die TOP 10 aus 2024, die nur als Kreise dargestellten Vergleichswerte sind die TOP 10-Werte aus 2022.
Die größten Veränderungseffekte könnten somit nach wie vor bei der Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit erreicht werden. Hier hat sich die Einflussstärke gegenüber 2022 nochmals deutlich erhöht. Ebenfalls recht einflussreich zeigen sich 2024 die Aspekte, die das Paket Angebot betreffen. Eine sinkende Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit führt offensichtlich dazu, dass sich Angebot und Fahrplantakt für die Nutzer*innen „gefühlt“ verschlechtern, auch wenn es auf dem Papier gleichgeblieben ist. Grundsätzliche Verbesserungen am eigentlichen Verkehrsangebot wären nur mit einem recht hohen Aufwand erreichbar, häufig wäre hierfür ein Ausbau der Infrastruktur notwendig.
Die Informationen an Haltestellen bei aktuellen Störungen und Verspätungen belegen 2024 bei den TOP 10 den vierten Platz und haben somit ebenfalls einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Globalzufriedenheit, zumal sich ihre Einflussstärke ebenfalls erhöht hat. Sie könnten sicherlich mit erheblich weniger Aufwand verbessert werden, als Leistungsdetails aus dem Angebotsbereich und dennoch die Globalzufriedenheit positiv beeinflussen, wenn es gelingt, sie künftig zu verbessern.
Fazit
Die Ergebnisse des go.Rheinland-Kundenbarometers zeigen die Bedürfnisse der Fahrgäste und skizzieren Handlungsnotwendigkeiten in Bezug auf das System SPNV. Die Maßnahmen, welche die Branche zur Verbesserung ergreift, bewirkten bis zur Untersuchung 2020 stetig verbesserte Werte. Dieser Trend wurde mit der Untersuchung 2022 unterbrochen und setzt sich 2024 nun weiter in entgegengesetzter Richtung fort. Eine Hauptursache sind sicherlich die umfangreichen und stellenweise sehr lange andauernden Baumaßnahmen im SPNV in der gesamten Region, die einen sehr großen Teil der Kund*innen betrifft. Ob eine Trendumkehr erreicht werden kann und die Zufriedenheit im SPNV wieder ein besseres Niveau erreichen kann, wird das nächste, für das Jahr 2026 geplante Kundenbarometer zeigen.