Neue S-Bahn-Züge für Köln und die Region
Damit im Kölner S-Bahn-Netz der Zukunft einmal deutlich mehr Fahrgäste unterwegs sein können als heute, muss nicht nur das Streckennetz deutlich ausgebaut werden. Es werden auch Fahrzeuge benötigt, die ihren Teil dazu beitragen, viel mehr Kapazitäten sowie Qualitäten auf der Schiene anbieten zu können. Um diese S-Bahn-Züge für den Bahnknoten Köln zu beschaffen, hat go.Rheinland gemeinsam mit dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) als Juniorpartner 2022 eine Ausschreibung gestartet.
Nach einem europaweiten Vergabefahren haben die beiden beteiligten Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) go.Rheinland und Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) 2024 entschieden, dass der Fahrzeughersteller Alstom Transport Deutschland GmbH insgesamt bis zu 90 Neufahrzeuge bauen wird. Alstom hat in einem mehrstufigen Verfahren das wirtschaftlichste Angebot abgegeben und ist während der über 30-jährigen Laufzeit auch für die Wartung und die Sicherstellung der täglichen Verfügbarkeit verantwortlich.
Die ersten neuen S-Bahnen sollen ab Mitte 2029 in einem Probebetrieb auf die Strecken im Rheinland und im Ruhrgebiet gehen. Dieser Auftrag im einstelligen Milliardenbereich wird das Gesicht des SPNV in der Region maßgeblich verändern.
Modernes und flexibles Fahrzeugdesign
Für die am 19. Mai 2022 gestartete Ausschreibung der neuen S-Bahn-Züge hat go.Rheinland gemeinsam mit der Industriedesign-Agentur Neomind ein Konzept entwickelt, wie die neuen S-Bahn-Züge aussehen und gestaltet sein sollen. Dabei stellte sich vor allem eine zentrale Herausforderung: Wie können die teilweise sehr weit auseinander liegenden Bedürfnisse der Fahrgäste bestmöglich in Einklang gebracht und gleichzeitig ein stabiler Betrieb gewährleistet werden?
Im Durchschnitt verbringt ein Fahrgast etwa 25 Minuten pro Fahrt in einer S-Bahn. Dahinter verbergen sich aber ganz unterschiedliche Nutzungsmuster: Die einen nutzen die S-Bahn für eine kurze Fahrt in der Innenstadt; andere – vor allem aus dem ländlichen Raum – sind bis zu einer Stunde mit der S-Bahn unterwegs. Diesem Spannungsfeld aus Regio- und Metroverbindungen muss der neue Zug gerecht werden. Bei Regioverbindungen, also längeren Strecken, braucht es mehr Sitzplatzkapazitäten, während Metroverbindungen für kürzere Strecken stehen, wo möglichst hohe Kapazitäten in Form von Stehplätzen benötigt werden. Beides müssen die Züge gewährleisten können und gleichzeitig den Zielen „hoher Komfort“, „optimaler Fahrgastfluss“ und „maximale Kapazität“ Rechnung tragen.
Für eine optimale Schnittmenge soll ein Mix aus Modulen sorgen,
die im Zug angeboten werden:
- Flexmodul (Vis-à-vis-Sitze, die bei Bedarf umgeschwenkt oder eingefahren werden können)
- Vis-à-vis-Sitzmodul
- Mehrzweck-Modul mit Klappsitzen
- Rollstuhl-Modul mit Klappsitzen und
- Komfortstehplatz-Modul
Bei der Entwicklung der neuen S-Bahn-Züge war go.Rheinland auch das Thema Flexibilität sehr wichtig. Gemeint ist damit die Möglichkeit, die Module relativ kurzfristig verändern oder umbauen zu können, beispielsweise von Sitzplätzen zu Stehplätzen. Auch saisonale oder anlassbezogene Anpassungen, beispielsweise, wenn während der Karnevals-Saison mit höherem Fahrgastaufkommen zu rechnen ist und weniger Sitzplätze benötigt werden, sollen möglich sein. Bisher waren dafür langwierige Werkstattaufenthalte notwendig, die zukünftig deutlich kürzer ausfallen werden. Auch kann die S-Bahn Köln damit vergleichsweise schnell auf sich verändernde Bedürfnisse der Fahrgäste reagieren, ohne dass gleich neue Fahrzeuge angeschafft werden müssen. Denn go.Rheinland plant, die Züge für einen Zeitraum von etwa 30 Jahren einzusetzen.
Ein absolutes Novum der neuen S-Bahn-Züge ist ein WC inklusive abgetrenntem Urinal in jedem Endwagen: keine andere S-Bahn mit hochflurigen Fahrzeugen in Deutschland verfügt bisher über WCs. Darüber hinaus sollen zahlreiche optische und technische Innovationen im Zug den Reisekomfort der Fahrgäste deutlich verbessern. Obligatorisch ist dabei der Einbau von starken WLAN-Routern oder mobilfunkdurchlässige Scheiben.
Auch das Fahrgastinformationssystem und die Reisendenlenkung soll mithilfe von Over-Door-Displays und Deckengondeln völlig anders aussehen als noch heute. Diese Monitore teilen den Fahrgästen neben dem Linienverlauf auch mit, an welcher Position sie sich aktuell im Zug befinden oder wenn man auf dem Bahnsteig steht, wo noch Platz ist. Eine Übermittlung dieser Daten, z.B. auf das eigene Smartphone oder in die optische wie akustische Reisendeninformation am Bahnsteig, ist ebenfalls geplant. Das wird den Umstieg der Fahrgäste in Zukunft noch komfortabler und schneller machen – und die Züge damit pünktlicher. Zur Pünktlichkeit wird außerdem das Zugbeeinflussungssystem ETCS beitragen, mithilfe dessen die Züge in Zukunft punktgenau halten können, weil der Haltevorgang dann nicht mehr durch einen Menschen, sondern per Software gesteuert wird.
Neben einem neuen, frischen Design, wird auch die Außenseite des Zuges den Fahrgästen noch bessere Dienste leisten. Eingebaut werden soll beispielsweise ein farbliches Linienband, das bereits aus der Ferne auf einen Blick kenntlich macht, auf welcher der S-Bahn-Linien der Zug gerade unterwegs ist.
Die Züge werden rund 150 bzw. 170 Meter lang sein und bis zu 25 Prozent mehr Kapazität (Summe der Sitz- und Stehplätze je Fahrt) bringen sowie wesentlich mehr Komfort bieten als die derzeitigen. Ein besonderer Clou: Sie passen sich flexibel an unterschiedliche Nutzungsmuster an.
Die Fahrgäste profitieren unter anderem von flexiblen Sitzlandschaften, Kundeninformation der neusten Generation, Toiletten in den Zügen, freiem WLAN und einem verbesserten Mobilfunkempfang.
Stand der Design-Entwürfe: November 2024