Das Kölner
S-Bahn-Netz
der Zukunft

Im Kölner S-Bahn-Netz sollen einmal viel mehr Fahrgäste unterwegs sein als heute. Dafür muss nicht nur das Streckennetz deutlich ausgebaut werden. Es werden auch Fahrzeuge benötigt, die ihren Teil dazu beitragen, viel mehr Kapazitäten sowie Qualitäten auf der Schiene anbieten zu können. Um diese S-Bahn-Züge für den Bahnknoten Köln zu beschaffen, hat go.Rheinland gemeinsam mit dem Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) als Juniorpartner eine Ausschreibung gestartet.

Aktuell fahren 60 S-Bahn-Züge aus drei unterschiedlichen Bauserien durch den Bahnknoten Köln, die jeweils aus zwei gekoppelten 70-Meter-Fahrzeugen bestehen und in Summe rund 140 Meter lang sind. Das neue S-Bahn-Fahrzeug wird rund 150 und rund 170 Meter lang sein und ist ein durchgängiger Zug. Die rund 100 neuen Fahrzeuge werden bis zu 25 Prozent mehr Kapazität (Summe der Sitz- und Stehplätze je Fahrt) bringen und wesentlich mehr Komfort bieten als die derzeitigen. Ein besonderer Clou: Sie passen sich flexibel an unterschiedliche Nutzungsmuster an.

Und diese zusätzliche Kapazität ist dringend nötig. Denn das S-Bahn-Netz Köln wird so massiv ausgebaut wie noch nie, die Streckenlänge wird sich in Zukunft fast verdoppeln. Das Fahrplanvolumen soll mit den neuen S-Bahn-Zügen von heute rund 12 Millionen auf etwa 23 Millionen Zugkilometer im Zielzustand wachsen. Für diese Steigerung werden eigentlich nur 83 Neufahrzeuge benötigt, die übrigen voraussichtlich 10 bis 20 Züge – je nach Herstellerkonzept – sollen als Instandhaltungs- und Betriebsreserve den Betrieb stabilisieren.

Modernes und flexibles Fahrzeugdesign

Für die am 19. Mai 2022 gestartete Ausschreibung der neuen S-Bahn-Züge hat go.Rheinland gemeinsam mit der Industriedesign-Agentur Neomind ein Konzept entwickelt, wie die neuen S-Bahn-Züge aussehen und gestaltet sein sollen. Dabei stellte sich vor allem eine zentrale Herausforderung: Wie können die teilweise sehr weit auseinander liegenden Bedürfnisse der Fahrgäste bestmöglich in Einklang gebracht und gleichzeitig ein stabiler Betrieb gewährleistet werden?

Im Durchschnitt verbringt ein Fahrgast etwa 25 Minuten pro Fahrt in einer S-Bahn. Dahinter verbergen sich aber ganz unterschiedliche Nutzungsmuster: Die einen nutzen die S-Bahn für eine kurze Fahrt in der Innenstadt; andere – vor allem aus dem ländlichen Raum – sind bis zu einer Stunde mit der S-Bahn unterwegs. Diesem Spannungsfeld aus Regio- und Metroverbindungen muss der neue Zug gerecht werden. Bei Regioverbindungen, also längeren Strecken, braucht es mehr Sitzplatzkapazitäten, während Metroverbindungen für kürzere Strecken stehen, wo möglichst hohe Kapazitäten in Form von Stehplätzen benötigt werden. Beides müssen die Züge gewährleisten können und gleichzeitig den Zielen „hoher Komfort“, „optimaler Fahrgastfluss“ und „maximale Kapazität“ Rechnung tragen.

Für eine optimale Schnittmenge soll ein Mix aus Modulen sorgen,
die im Zug angeboten werden:

  • Flexmodul (Vis-à-vis-Sitze, die bei Bedarf umgeschwenkt oder eingefahren werden können)
  • Vis-à-vis-Sitzmodul
  • Mehrzweck-Modul mit Klappsitzen
  • Rollstuhl-Modul mit Klappsitzen und
  • Komfortstehplatz-Modul

 

 

 

Bei der Entwicklung der neuen S-Bahn-Züge war go.Rheinland auch das Thema Flexibilität sehr wichtig. Gemeint ist damit die Möglichkeit, die Module relativ kurzfristig verändern oder umbauen zu können, beispielsweise von Sitzplätzen zu Stehplätzen. Auch saisonale oder anlassbezogene Anpassungen, beispielsweise, wenn während der Karnevals-Saison mit höherem Fahrgastaufkommen zu rechnen ist und weniger Sitzplätze benötigt werden, sollen möglich sein. Bisher waren dafür langwierige Werkstattaufenthalte notwendig, die zukünftig deutlich kürzer ausfallen werden. Auch kann die S-Bahn Köln damit vergleichsweise schnell auf sich verändernde Bedürfnisse der Fahrgäste reagieren, ohne dass gleich neue Fahrzeuge angeschafft werden müssen. Denn go.Rheinland plant, die Züge für einen Zeitraum von etwa 30 Jahren einzusetzen.

Ein absolutes Novum der neuen S-Bahn-Züge ist ein WC inklusive abgetrenntem Urinal in jedem Endwagen: keine andere S-Bahn mit hochflurigen Fahrzeugen in Deutschland verfügt bisher über WCs. Darüber hinaus sollen zahlreiche optische und technische Innovationen im Zug den Reisekomfort der Fahrgäste deutlich verbessern. Obligatorisch ist dabei der Einbau von starken WLAN-Routern oder mobilfunkdurchlässige Scheiben.

Auch das Fahrgastinformationssystem und die Reisendenlenkung soll mithilfe von Over-Door-Displays und Deckengondeln völlig anders aussehen als noch heute. Diese Monitore teilen den Fahrgästen neben dem Linienverlauf auch mit, an welcher Position sie sich aktuell im Zug befinden oder wenn man auf dem Bahnsteig steht, wo noch Platz ist. Eine Übermittlung dieser Daten, z.B. auf das eigene Smartphone oder in die optische wie akustische Reisendeninformation am Bahnsteig, ist ebenfalls geplant. Das wird den Umstieg der Fahrgäste in Zukunft noch komfortabler und schneller machen – und die Züge damit pünktlicher. Zur Pünktlichkeit wird außerdem das Zugbeeinflussungssystem ETCS beitragen, mithilfe dessen die Züge in Zukunft punktgenau halten können, weil der Haltevorgang dann nicht mehr durch einen Menschen, sondern per Software gesteuert wird.

Neben einem neuen, frischen Design, wird auch die Außenseite des Zuges den Fahrgästen noch bessere Dienste leisten. Eingebaut werden soll beispielsweise ein farbliches Linienband, das bereits aus der Ferne auf einen Blick kenntlich macht, auf welcher der S-Bahn-Linien der Zug gerade unterwegs ist.

Die Ausschreibung für die neuen S-Bahn-Züge

„Die zahlreichen Vorgaben, die ein potenzieller Bewerber in der Ausschreibung für die neuen S-Bahn-Züge erfüllen muss, haben wir bewusst sehr ambitioniert gestaltet“, betont Sven Kleine, unter anderem stellvertretender Leiter go.Rheinland Eigenbetrieb Fahrzeuge. „Denn diese Züge sollen in Zukunft einen wesentlichen Beitrag zur Verkehrswende im Rheinland leisten. Dafür müssen so viele Menschen wie möglich motiviert werden, vom Auto auf die Schiene umzusteigen. Um das zu erreichen, war uns bei der Ausschreibung wichtig, dass die neuen S-Bahn-Züge ein Maximum an Komfort und Funktionalität bieten.“

Ob dann alle definierten Anforderungen auch wirklich genau so kommen werden, wird sich aber erst im Zuge des Vergabeverfahrens zeigen. Der Zuschlag wird voraussichtlich im Sommer 2024 erfolgen.

Neben den zahlreichen Anforderungen ist auch der Umfang der Fahrzeug-Ausschreibung für jeden der potenziellen Bewerber eine echte Herausforderung. Etwa 100 neue S-Bahn-Züge will go.Rheinland mit der Ausschreibung anschaffen. Ein Volumen, das es mit Blick auf die Kosten im Milliardenbereich und die Zahl der Neufahrzeuge bisher in Nordrhein-Westfalen so noch nicht gegeben hat.

Fahrzeughersteller aus aller Welt für die neuen S-Bahn-Züge

Nach derzeitigem Stand der Planungen sollen zwischen 2029 und 2032 die neuen S-Bahn-Züge in den Fahrgastbetrieb gehen und nach und nach die alten S-Bahn-Züge ersetzen. Um dem Sieger der Ausschreibung ausreichend Vorlauf zu geben, die Lieferfrist erfüllen zu können, will go.Rheinland bis Sommer 2024 den Auftrag für die neuen Fahrzeuge vergeben haben. Bewerben können sich dafür Fahrzeughersteller aus aller Welt, wenn sie die geforderte technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Rahmen des Teilnahmewettbewerbes nachgewiesen haben.

Wenn ein Fahrzeughersteller dann den Zuschlag für den Bau der neuen S-Bahn-Züge erhalten hat, endet der Auftrag allerdings nicht mit der Lieferung der Züge. Mit Gewinn der Ausschreibung sichert der Hersteller für die gesamte Vertragslaufzeit von rund 30 Jahren zu, dass die Fahrzeuge fahrtüchtig und in gutem Zustand bleiben sowie täglich und dauerhaft verfügbar sind. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass eine kaputte Fensterscheibe ersetzt werden muss oder auch die Erneuerung von Sitzbezügen gleich direkt im Preis mit enthalten ist.

Außerdem ist angedacht, dass go.Rheinland von Beginn der Vertragslaufzeit an ein sogenanntes Innovationsbudget zur Verfügung stellt. Mit ihm stellt go.Rheinland sicher, dass in Zukunft heute noch nicht oder nur bedingt absehbare Innovationen ohne Aufpreis vom Hersteller eingebaut werden oder in vorab definierten Bereichen des Fahrzeuges weitere Optimierungen durchgeführt werden können. Dazu kann zum Beispiel deutlich schnelleres WLAN gehören, ein neues Lichtkonzept oder ein moderneres Reisendeninformationssystem. Die zukünftigen Fahrzeuge sind also keine statischen Modelle, sondern werden sich mit der Zeit weiterentwickeln, damit die Fahrgäste auch in einigen Jahrzehnten mit einer S-Bahn fahren, die ihren Bedürfnissen bestmöglich entspricht.

Die modernisierten Fahrzeuge der Baureihe ET 424 werden künftig u. a. auf der S 12 (Horrem/Sindorf bis Au (Sieg)), der S 11 (Düsseldorf Flughafen ­ – Köln – Bergisch Gladbach) sowie der S 68 (Langenfeld – Düsseldorf – Wuppertal-Vohwinkel) eingesetzt.

Der vollständige Umbau und die Modernisierung der bewährt zuverlässigen Fahrzeuge durch Einbau von energiesparenden LED-Lampen ist ein Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit.

Im gesamten Fahrzeug profitieren unsere Fahrgäste von WLAN und USB-Steckdosen.

Immer gut informiert
Dank moderner Fahrgastinformationen sind die Fahrgäste stets über den Fahrtverlauf im Bilde. Das kann positive Effekte auf die Pünktlichkeit haben.

Durch den Umbau bieten die Züge noch mehr Sitzplätze – und in einem geräumigen Mehrzweckabteil Platz für bis zu 18 Fahrräder.